Interview mit dem Projektteam EpH: Zunächst würden wir gerne fragen, wie die Idee der Tiny Häuser entstanden ist und wie der Weg der Finanzierung war.
Holger Ott: Die Idee gab es schon immer, aber sie war nicht realisierbar, da es einen großen Finanzbedarf gab. Möglich wurde der Bau über eine Spende einer Dame aus Gelsenkirchen, die gerne etwas für wohnungslose Menschen tun wollte. In Kombination mit der handwerklichen Beteiligung junger Menschen in der Berufsvorbereitung, entstanden die Tiny-Häuser.
EpH: Vielen Dank. Wie wurden die Tiny Häuser denn gebaut?
Oskar Apel: Die Tiny Häuser wurden in einer Rahmenbauweise gebaut. In der Georgskirche haben wir die Rahmen, etwa 70 cm breit und 2,5 m hoch, vorgefertigt, zum Standort gebracht und auf dem Fundament, das für uns gegossen wurde, zusammen aufgestellt.
Holger Ott: Mitgearbeitet haben Teilnehmende einer Arbeitsgelegenheit, die vom Jobcenter finanziert wird und von uns als Träger der KJS durchgeführt wird. Herr Apel ist Mitarbeitender im Rahmen der Arbeitsgelegenheit und Herr Czarnetzki ist von uns angestellt und ist hier als Bauleiter und als fachlicher Anleiter tätig.
EpH: Ah spannend! Und wie werden die Bewohner ausgewählt?
Holger Ott: Die Tiny Häuser sind älteren, wohnungslosen Menschen vorbehalten. Diesen Bereich der Wohnungslosenhilfe organisiert in Gelsenkirchen der Caritasverband mit seinen Anlaufstellen „weißes Haus“ und „Wilhelm-Sternemann-Haus“. Die Caritas betreut die Menschen auch im Wohnkontext. Daher übernimmt sie die von uns gebauten Tiny Häuser und hat den Kontakt zur Zielgruppe über Ihre Anlaufstellen und wählt dort Menschen aus, die ein Interesse haben kleinräumig, aber selbstständig in ihren eigenen vier Wänden zu leben. Die Menschen, die hier einziehen, haben die Möglichkeit unbefristet dort wohnen zu bleiben, wenn sie es wollen.
EpH: Darf ich Ihnen eine spontane persönliche Frage stellen? Sie haben das Projekt so lange geplant und jetzt wird es verwirklicht. Löst das eine Erfüllung in Ihnen aus?
Holger Ott: Ja!
EpH: Ich sehe das. Sie sind total in Ihrem Element, wenn Sie berichten!
Holger Ott: Doch das ist ein Traum! Für mich ist das ein gelungener Abschluss meines bald anstehenden Berufsendes.
EpH: Sehr schön! Wie war die Zusammenarbeit zwischen der Pfarrei, der KJS und der Caritas?
Holger Ott: Ich schätze das Projektteam sehr. Wir haben alle dasselbe Ziel vor Augen, wodurch uns die Zusammenarbeit leichtfällt.
Markus Zingel: Jeder Träger hat in den einzelnen Phasen des Projekts seinen Schwerpunkt. Jetzt ist es das Bauen und die KJS bleibt als Vermieter ja auch noch mit im Spiel. Danach übernimmt der Caritasverband die Betreuung des Probewohnens und wir als Pfarrei bleiben vor Ort. Das Schöne ist: Es gab bisher keine Prototypen, weder für die Zusammenarbeit noch für das, was da konkret entsteht. Wir sind restlos begeistert und gespannt darauf, wie es sich weiterentwickelt. Auch die Politik ist interessiert: Hier waren schon zweimal Bundes- und Landtagsabgeordnete, für die das ein Prototyp ist, der auf der politischen Ebene als Modell dienen kann und vielleicht auch in bauordnungsrechtlichen Verfahren Erleichterung schafft.
Holger Ott: Auch wenn es nur ein Stück Hoffnung ist. Das, was an diesem Ort entsteht, bietet Möglichkeiten zur Selbsthilfe und zu ehrenamtlichen Engagement. Das heißt, es sind Strukturen angelegt, die nicht zwangsläufig auf eine professionelle Betreuung angewiesen sein müssen. Gleichzeitig geht es aber darum, dass diese professionelle Struktur angeboten wird. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass die vier Menschen, Altersgruppe 40-60, die jahrelang auf der Straße gelebt haben, hier einziehen und natürlich nachhaltig vom Caritasverband betreut werden. Aber vielleicht geht das ja in 15 Jahren auch ohne Betreuung, weil einfach die soziale Struktur dieses Zentrums schon die Nachbarschaft miteinbindet, die tatsächlich autark ist von dieser Notwendigkeit und professioneller Hilfe, die einfach trägt. Menschen sind entwicklungsfähig, auch die, die fünf Jahre auf der Straße gelebt haben. Ich hatte die Gelegenheit zwei von ihnen kennenzulernen, die auf der Warteliste stehen. Man merkt das Interesse an den Tiny-Häusern und der Möglichkeit, sein Leben wieder selbstständig zu gestalten. Vielleicht benötigen sie in einigen Jahren auch die professionelle Hilfe der Caritas nicht mehr.
EpH: Da wir von Nachbarschaft sprechen, wie hat diese reagiert? Wie wars bei der Gemeinde?
Laura Meemann: Das Familienzentrum nebenan befürwortet das Projekt total, wir sind stets im Kontakt. Am Anfang gab es Einzelpersonen in der Nachbarschaft und in der Kita, die mit Sorgen zu kämpfen hatten. Die Aufregung hat sich mittlerweile gelegt. Für das Richtfest wurde die Nachbarschaft per Postkarte eingeladen und einige sind tatsächlich gekommen.
Oskar Apel: Manchmal schauen uns auch Leute aus der Nachbarschaft bei der Arbeit zu. Bisher wurde das Projekt nur positiv aufgenommen.
EpH: Können Sie schon kommunizieren, wann der Einzug geplant ist?
Holger Ott: Wir sind guten Mutes, dass die erste Person, die wirklich nachhaltig darauf wartet, im Januar einziehen kann. Das Ende des Bauprojektes ist für Ende Februar vorgesehen.
EpH: Wie geht’s weiter?
Holger Ott: Dann wählt der Caritasverband weitere BewohnerInnen aus, wir vermieten, bleiben aber ansprechbar und widmen uns dem nächsten Bauprojekt.
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